Urteile in Deutschland
LG München: Vorstand einer AG haftet für mangelhaftes Compliance-System - 15 Mio. Euro Schadensersatz
Das LG München hat entschieden, dass der Vorstand einer AG für ein mangelhaftes Compliance-System im Unternehmen haftet. Das Gericht verurteile ein Vorstandsmitglied eines börsennotierten Unternehmens zu 15 Mio. EURO Schadensersatz. Das Gericht führt aus, dass ein Vorstandsmitglied seiner Organisationspflicht bei entsprechender Gefährdungslage nur dann genügt, wenn er eine auf Schadensprävention und Risikokontrolle angelegte Compliance-Organisation einrichtet.
Schadensersatzklage gegen den Arbeitgeber und gegen den Maschinenhersteller
Der seit 1. Juni 2006 bei der Betreiberin B als Produktionsmitarbeiter beschäftigte Arbeitnehmer A erlitt am 3. Juli 2006 an einer nicht CE-gekennzeichneten Punktschweißmaschine[1] bei einem Arbeitsunfall schwerste Quetschverletzungen an beiden Händen als er ein verkantetes Metallstück entfernen wollte. Die Berufsgenossenschaft erkannte eine Minderung der Erwerbsfähigkeit bisher in Höhe von 60 % an.
Das Landgericht Siegen wies die Klage als unbegründet ab. „Der Kläger hat leider einen sehr bedauerlichen und äußerst tragischen Unfall erlitten, für den die Beklagte im Ergebnis jedoch nicht haftbar gemacht werden kann“. Das Gericht prüfte weder genau das Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) noch die allgemeine Schadensersatzvorschrift § 823 BGB, denn Ansprüche würden jedenfalls „an einem anspruchsausschließenden Mitverschulden des Klägers nach § 254 BGB scheitern“. Der Kläger habe „den Unfall so weit überwiegend mit verschuldet“, dass sogar sein Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der sicherheitstechnischen Ausstattung der Maschine abgelehnt wurde.
Die Klageabweisung stützt sich insbesondere auf eine Zeugenaussage eines Einweisers, der den später geschädigten Maschinenbediener eingeschult hatte. Aus seinen Aussagen leitet das Gericht ab, dass der Geschädigte den Unfall selbst verschuldet hat.
Tötlicher Unfall an Flachglasmaschine Schadensersatzklage
LG Osnabrück, Urteil vom 20.09.2013 - 10 KLs 16/13
Gegenstand dieses Strafverfahrens ist ein schwerer Arbeitsunfall, der sich am 22.07.2010 in den Betriebsräumen der H.-GLas-Unternehmensgruppe in D. ereignet hat. Dabei wurde der 19jährige Auszubildende zum Flachglasmechaniker Björn S. in der Fabrikationshalle der Y.-Glas GmbH & Co. KG bei der Bedienung einer computergestützten Glaskantenschleifmaschine von dem beweglichen Maschinenkopf an der Metallwand der Schleifmaschine mit dem gesamten Körper erfasst und eingeklemmt; er verstarb am folgenden Tage an den hierdurch erlittenen schwersten Kopfverletzungen.
Ursache für diesen Betriebsunfall war das Fehlen einer funktionstüchtigen Lichtschrankenanlage, die zwar teilweise an der Maschine noch vorhanden, aber durch elektronische Manipulationen überbrückt worden war.
Dafür, dass die Maschine - jahrelang - ohne diese Sicherheitseinrichtung betrieben und dies dem Auszubildenden Björn S. am Unfalltage zum Verhängnis wurde, sind die Angeklagten zu 1.-5. verantwortlich, und zwar die Angeklagten Heinrich und Hermann R. als Geschäftsführer bzw. Inhaber aufgrund der von ihnen gemeinsam getroffenen Entscheidung, die Maschine ohne die Sicherheitseinrichtung zu betreiben, der Angeklagte A., der die Maschine entsprechend dieser Entscheidung aufgebaut hat, und die Angeklagten Ro. und H., die als Mitgeschäftsführer bzw. Produktionsleiter der Y.-Glas GmbH & Co. KG den Betrieb der ungesicherten Maschine mitzuverantworten haben.
1 Die Angeklagten Heinrich R., Hermann R., H. und A. sind der fahrlässigen Tötung schuldig.
2 Die Angeklagten Heinrich R. und Hermann R. werden jeweils zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.
3 Der Angeklagte A. wird zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 40,- EUR verurteilt.
4 Der Angeklagte H. wird verwarnt. Die Verurteilung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 40,- € bleibt vorbehalten.
5 Der Angeklagte Ro. wird wegen fahrlässigen Unterlassens einer Aufsichtsmaßnahme, die erforderlich ist, um in einem Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, zu einer Geldbuße von 10.000,- EUR verurteilt.
6 Der Angeklagte B. wird wegen versuchter Strafvereitelung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 100,- EUR verurteilt.